Ein starkes Netz – abgestimmte Hilfen für die ganze Familie!
Entscheidung & Gestaltung – Diese Rubrik richtet sich in erster Linie an alle kommunalen Vertreterinnen und Vertreter auf politischer Ebene – in Ausschüssen, Gremien und im Rat.
Hier und auf den folgenden Unterseiten finden Sie detaillierte Informationen und hilfreiche Tools, die es Ihnen ermöglichen, sich ein umfassendes Bild zu machen, eine fundierte Entscheidung zu fällen und die Hilfen für die Familien mit Eltern mit psychischen Erkrankungen und/oder Suchterkrankungen in Ihrer Kommune aktiv zu implementieren und zu gestalten.
In Deutschland steigt die Zahl der Familien mit psychisch beeinträchtigten Eltern kontinuierlich. Annähernd vier Millionen Kinder und Jugendliche wachsen mit einem psychisch erkrankten oder einem suchterkrankten Elternteil auf. Sie können durch die Erkrankung ihrer Eltern vielfältigen Belastungen ausgesetzt sein und haben statistisch gesehen ein drei- bis vierfach erhöhtes Risiko, im Lauf ihres Lebens selbst psychisch krank zu werden.
Diese Kinder und ihre Eltern sind ganz besonders auf ein unterstützendes soziales Umfeld und auf bedarfsorientierte, qualifizierte Hilfe und Versorgung angewiesen. Das breite Angebot an Hilfen, Leistungen und Angeboten des Sozialversicherungssystems (u. a. Kinder- und Jugendhilfe, Gesundheitssystem, Sozialhilfe) erreicht diese Kinder und ihre Eltern allerdings oftmals nicht ausreichend oder passgenau. Um die Situation dieser Kinder und ihrer Eltern zu verbessern, muss das System Familie als Ganzes in den Blick genommen werden. Abgestimmte, besser zugängliche und vernetzte Hilfen für die ganze Familie sind notwendig – nur so haben sie die Chance, effektiv und dauerhaft zu wirken. Die durch den Deutschen Bundestag eingesetzte Expertenarbeitsgruppe Kinder psychisch und suchterkrankter Eltern betont die entscheidende Rolle der Kommunen beim Auf- und Ausbau und bei der Steuerung eines Hilfenetzwerks für belastete Familien.
Laut Einschätzung der Sachverständigenkommission des Neunten Familienberichts machen Eltern
mit psychischen Erkrankungen den Hauptanteil beeinträchtigter und chronisch kranker Eltern aus, die Unterstützung seitens der Jugendämter bzw. der Sozialämter erhalten. Für Kommunen ist das eine immense Herausforderung. Familien mit psychisch beeinträchtigten Eltern angemessen zu unterstützen und betroffenen Kindern und Jugendlichen bei der Bewältigung einer solch schwierigen Lebenssituation zu helfen, entspricht nicht nur den ethisch-moralischen Grundsätzen unserer Gesellschaft, der nächsten Generation ein gesundes Aufwachsen zu ermöglichen, es bedeutet auch ganz konkret, mit lokaler Prävention und Hilfe das Risiko der Weitergabe einer solchen Erkrankung zu mindern und so Folgekosten zu verringern. Aktuelle Studien weisen in Zusammenhang mit COVID-19 auf eine Zunahme psychischer Belastungen und psychischer Symptome (siehe COPSY-Studie) hin, wobei insbesondere Kinder und Jugendliche aus Familien mit einer Vielzahl an Belastungen wie Armut, geringem Bildungsstand, Trennung und erkranktem Elternteil vermehrt Symptome psychosozialer Belastungen aufweisen.
Zur besseren Unterstützung von belasteten Familien sollten bereits existierende Angebote vernetzt und koordiniert werden. Zudem sollte der Informations- und Wissenstransfer beispielsweise im Qualitätsmanagement strukturell hinterlegt und so für die Fachkräfte bestmöglich nutzbar sein. So kann die gezielte Förderung sowohl präventiver Angebote als auch von Hilfeangeboten erleichtert werden.
Die Unterstützung von Familien, in denen die Eltern psychisch erkrankt und/oder suchterkrankt sind, ist eine kommunale Querschnittsaufgabe und betrifft die gesamte Stadt- bzw. Kommunalverwaltung. Kommunen können hier eine aktive, gestaltende Rolle im Hinblick auf Prävention, Hilfe und Gesundheitsförderung einnehmen. Es ist davon auszugehen, dass sich eine gesundheitsfördernde Gesamtpolitik für eine Kommune auszahlt, wenn koordinierte Unterstützungsangebote ihre Wirkung entfalten.
Die Frühen Hilfen machen eine sehr frühe Unterstützung, Förderung und Versorgung von Kindern und ihren Eltern möglich. Es ist davon auszugehen, dass durch diese Maßnahmen spätere Folgekosten im Zusammenhang mit psychischen und physischen Problemen vorgebeugt werden kann. In dieser Abbildung sind drei Szenarien entsprechend des Kindesalters grafisch dargestellt.